Pride Month 2022 – Geschlechtergerechte Arbeit und sensibler Umgang mit sexuellen Identitäten
Die Gestaltung des Onlinekurses für den FB 33 für das NLQ
Der Juni ist Pride Month und bietet jährlich Anlass, um auf die queere Community aufmerksam zu machen und für ihre Rechte und für Gleichberechtigung einzustehen. Unter der Abkürzung LGBTIQ+ vereinen sich dabei Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans, queere, asexuelle und inter* Menschen, um gemeinsam um Gleichberechtigung zu kämpfen.
Der Juni wurde zum Pride Month erhoben, um den Stonewall-Aufständen im Juni 1969 zu gedenken und die Vielfalt der Gesellschaft zu feiern. Aber eben auch, um auf die weiterhin bestehende Diskriminierung aufmerksam zu machen.
Die Gleichberechtigung ALLER Menschen ist tief im Leitbild und der Unternehmensphilosophie von MyGateKeeper verankert. Diese Haltung möchten wir aber nicht nur in unserem internen Arbeitsalltag leben, sondern sie schrittweise auch nach außen tragen. Mit dem Moodlekurs: Geschlechtergerechte Arbeit und sensibler Umgang mit sexueller Identität in der Schule konnten wir dazu einen Beitrag leisten:
Ein bunter Ort, der die Vielfalt der Gesellschaft repräsentiert – das sollte Schule sein!
Diesem Ziel konnten wir uns nähern im Rahmen der Gestaltung des Moodlekurses, den wir im Auftrag des NLQ erstellt haben. Der Onlinekurs wendet sich an Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter:innen und weiteres pädagogisches Personal und dient als Vorbereitung der Teilnehmenden von Präsenzfortbildungen zum Thema.
Lehrpersonen haben eine ganz besondere Verantwortung für die Entwicklung junger Menschen. Formal spiegelt sich dieser Auftrag in der Fürsorgepflicht von Lehrkräften wider. In der juristischen Sprache ist auch von der Garantenstellung die Rede, da Kinder und Jugendliche den Lehrkräften zur Ausbildung anvertraut werden. Dazu gehört die Aufgabe, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Schäden von Schüler:innen fernzuhalten. Hierbei genügt es nicht, passiv darauf zu hoffen, dass “hoffentlich nichts Böses passiert”. Über die generelle Aufsichtspflicht hinaus gibt es rechtlich verbindliche Rahmenwerke, die die Gleichbehandlung der Geschlechter sowie die Förderung von Vielfalt und Toleranz einfordern.
In dem Onlinekurs Geschlechtergerechte Arbeit und sensibler Umgang mit sexueller Identität in der Schule geht es um den aktiven Schutz und die freie Entwicklung junger Menschen im Themenfeld Gender und Diversität. Es geht darum, Lehrkräfte zu sensibilisieren, um die Entwicklung von Schüler:innen besser verstehen und unterstützen zu können.
Lernreise und Kurstagebücher
Wir haben den Kurs als Lernreise gestaltet. Die TN werden durch drei große Themenfelder geführt und erhalten zu den verschiedenen Themen Aufgaben, die sie als Reflexion in persönlichen Kurstagebüchern absolvieren müssen. Wichtig ist uns, bei einem so sensiblen Thema Abstand von in Onlinekursen sonst geläufigen richtig/falsch Aufgaben zu nehmen und stattdessen offene Fragen an die TN zu richten und damit einen nachhaltigen Reflexionsprozess anzuregen.
Der Kurs ist in drei große Themenfelder gegliedert:
- Themenfeld 1: Selbstverortung: Wie ordne ich mich ein? Gender-Stereotypen und Heteronormativität.
- Themenfeld 2: Zum Verständnis sexueller Identitäten und Orientierungen
- Themenfeld 3: Psychologische und soziale Grundlagen und Voraussetzungen genderbasierter Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt
In den einzelnen Kapiteln finden die TN Videos und Geschichten. Auf diese Weise lernen die TN anhand Erfahrungen, die andere Menschen gemacht haben. Darüber hinaus stellen wir den TN eine sorgfältig kuratierte Mediathek zusammen sowie eine Liste mit Empfehlungen des NLQ und des Kultusministeriums zum Umgang mit den Themen und schließlich eine Sammlung themenbezogener Materialien, Projekte und Best-Practice-Beispiele. Der Kurs bietet allen TN eine spannende Lernreise und vielfältige neue Erkenntnisse, nicht nur über sexuelle Identitäten und genderbasierte Diskriminierung, sondern auch über die eigene Prägung in der Vergangenheit.
Bei MyGateKeeper stecken wir viel Herzblut und Leidenschaft in alle Projekte, die wir entwickeln und durchführen. Täglich erleben wir jedoch in unserer Arbeit an Schule, wie weit und häufig leider auch steinig der Weg zu geschlechtergerechter Arbeit und sensiblem Umgang mit sexuellen Identitäten an Schulen noch ist, was uns eine besondere Motivation für Projekte in diesem Themenbereich gibt.
Es war uns ein Herzensprojekt
Konzipiert wurde der Kurs von unserer Kollegin Joana mit Hilfe von Svenja, Mattes, Johannes und Atay. Ihre Motivation hat Joana im Folgenden in ihren eigenen Worten erläutert:
Es war mir ein Herzensprojekt. Der Onlinekurs mit dem Titel Geschlechtergerechte Arbeit und sensibler Umgang mit sexuellen Identitäten war vom NLQ als informative Vorbereitung für einen darauffolgenden Präsenzkurs konzipiert. Die Zielsetzung des Kurses ist eine Sensibilisierung für die Probleme von Kindern und Jugendlichen der LGBTQIA* Gemeinschaft, ebenso wie Aufklärung über Sexismus und sexualisierte Gewalt gegenüber Mädchen und jungen Frauen.
Motiviert durch persönliche Lebens- und Leidensgeschichten im Themenbereich, ebenso wie die enge Vernetzung des Teams von MyGatekeeper zu zahlreichen Schulen, war eine empathisch-verstehende und zielgruppenorientierte Herangehensweise unseres Teams von Anfang an gegeben. Neben persönlicher Motivation führten wir zusätzliche Interviews mit betroffenen Lehrkräften, Eltern und Jugendlichen durch. Wir sprachen mit Expert:innen und führten eine interne Recherche zum neuesten Stand der Dinge durch. Die Vorgehensweise ist nicht beliebig.
Am Anfang jedes Projektes im öffentlichen Dienst – sollte dieses eine nachhaltige soziale Wirkung, sprich einen social impact, entfalten – steht methodologisch ein empathisches Verstehen unserer Zielgruppen unter der Einbindung verschiedenster Perspektiven und Lebenswelten. Dies bedeutet ebenfalls, dass teilnehmende Lehrkräfte sich am Anfang des Kurses persönlich verorten sollten: nur dann, wenn verschiedenste soziale Stakeholder bei einem sensiblen Thema offen und vorurteilsfrei miteinander umgehen können, wenn sie ihre persönliche innere Haltung mit anderen kommunizieren können, ist tatsächliches prosoziales Verstehen und Handeln möglich.
Die größte Herausforderung als Teamleiterin bestand für mich im Grundkonzept einer Online-Veranstaltung. Wie ist sympathisches Verstehen online überhaupt möglich? Wie können wir, um den hilfreichen Gedanken von Prof. Stephanie Birkner vom ZUKUNFT.unternehmen gGmbH aufzunehmen, mit der ich über unser Projekt sprach, nicht ÜBER sondern MIT Menschen reden? Die enorme Bedeutung des Themas schloss eine rein schriftliche Ausarbeitung von vornherein aus. Mit einem informativen Text über die junge Zielgruppe, mit unpersönlichen Link- und Materialsammlungen war es in diesem Fall nicht getan.
Videodokumentationen erschienen mir als ein möglicher Lösungsweg, da Menschen eine Stimme gegeben wird und komplexe Lebenssituationen authentisch vermittelt werden können. Es gab jedoch einige Probleme: Viele der auf anderen Plattformen zusammengetragenen Videosammlungen sind entweder ziemlich schlecht produziert, wenig repräsentativ und/oder ungenügend recherchiert. Mir fiel auf, dass eine schlechte Präsentation eine indirekte mediale Diskriminierung darstellen kann. Ganz besonders, wenn beispielsweise triviale Inhalte auf YouTube in Hochglanz produziert werden und höchst bedeutsame Inhalte, im genauen Gegenteil, als lieblose lowest-budget Videos online gestellt werden. Hochrelevante Themen verdienen eine angemessene Darstellung. Kurzum, wir benötigten Qualitätskriterien für eine neu zusammengestellte Mediathek.
Bezüglich der Qualitätskriterien entschied ich mich für
- Relevanz
- die Anwesenheit einer wissenschaftlichen Beratung
- professionelle Produktionsqualität (inklusive Authentizität)
- die Kommunikation von Lebensumständen und sozialen Welten sowie
- die Erstellung durch professionelle Produktionsteams öffentlich-rechtlicher Medien.
Letzteres geschah auch zur rechtlichen Absicherung für unseren Kunden, das NLQ.
Wir fanden großartige Dokus, etwa zu Transgender Kindern und Jugendlichen, den Problemen schwuler, lesbischer und junger inter* Menschen, zu Sexismus, Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt, die von meinen Teamkolleg: innen vorbildlich in einer differenzierten Mediathek zusammengeführt wurden. Wir verwendeten H5P um themenrelevante Ausschnitte aus den Dokumentarfilmen mit entsprechenden kreativen Aufgaben für die teilnehmenden Lehrkräfte zu verbinden. Der Schwerpunkt der Aufgaben liegt auf der Reflexion zu den dargestellten Video-Vignetten. Damit wird vermieden, dass sich TN lediglich durch den Onlinekurs durchklicken, sondern aktiv und reflektierend teilnehmen. Die Professionalisierung von Lehrkräften für inklusive Schulen war zu bedeutend, um die Gestaltung der Lernerfahrung dem Zufall zu überlassen.
Der zweite Vorteil einer systematischen Medienplanung bestand darin, dass sich die Teilnahmezeit, die wir auf maximal dreieinhalb Stunden begrenzt hatten, in einer angenehmen Lernzone festlegen ließ: der Kurs ist lang genug, um sich nicht lediglich durchzuklicken und kurz genug, um nicht durch ausufernde passive ‚Arbeitsaufträge‘ das Interesse zu verlieren.
Last, but not least, ging es darum, einen zugänglichen Einstieg zum Thema zu finden, in dem TN ihre persönliche Gender-Sozialisation reflektieren – seien dies persönliche Vorbilder, erlebte stereotypische Männer- und Frauenrollen, Filmstars, Musikbands oder berühmte Sänger:innen. Es gibt an dieser Stelle keine richtigen oder falschen Narrative. Jede persönliche Erfahrung ist eine Bereicherung. Ein Austausch zur Vielfalt von Perspektiven macht gerade den Reiz eines solchen Einstiegs aus.
Innovativ ist die Kombination aus interaktiver medialer Aufbereitung und der immersiven Einbindung von Teilnehmenden.
Ein besonderer Dank geht an unser Team! Highlights waren hier unter anderem die innovative mediale Umsetzung, die motivierte Backgroundrecherche und natürlich die tolle persönliche Zusammenarbeit, ohne die ein solches Projekt gar nicht möglich gewesen wäre.