Digitale Kompetenzen sind bei Schüler:innen rückläufig

Veröffentlicht am 12. November 2024 von Madita Hänsch.

Digital Natives können im Umgang mit digitalen Medien anscheinend weniger, als von ihnen erwartet wird. Die Ergebnisse der „International Computer and Information Literacy Study 2023“ (ICILS 2023) zeigen, dass in Deutschland ein signifikanter Kompetenzrückgang zu verzeichnen ist.

Eine Jugendliche sitzt auf dem Sofa, ein Smartphone in der Hand und ein Tablet auf dem Schoß.

Die ICILS un­ter­such­te zum drit­ten Mal com­pu­ter- und in­for­ma­ti­ons­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen von Acht­kläss­ler:in­nen in Deutsch­land im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich. Au­ßer­dem wur­den die Rah­men­be­din­gun­gen des schu­li­schen Ler­nens mit di­gi­ta­len Me­di­en be­trach­tet, in­dem auch Lehr­kräf­te, Schul­lei­tun­gen und IT-Ko­or­di­na­tor:in­nen be­fragt wur­den. Als Com­pu­ter- und in­for­ma­ti­ons­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen wer­den „als in­di­vi­du­el­le Fä­hig­kei­ten ei­ner Per­son de­fi­niert, die es ihr er­lau­ben, di­gi­ta­le Me­di­en zum Re­cher­chie­ren, Ge­stal­ten und Kom­mu­ni­zie­ren von In­for­ma­tio­nen zu nut­zen und die­se zu be­wer­ten, um am Le­ben im häus­li­chen Um­feld, in der Schu­le, am Ar­beits­platz und in der Ge­sell­schaft er­folg­reich teil­zu­ha­ben.“ ICILS im Über­blick

Der Kom­pe­tenz­stand hängt von der Schul­form ab

Mit dem in die­ser Stu­die in Deutsch­land fest­ge­stell­ten Kom­pe­tenz­rück­gang über die letz­ten fünf Jah­re ver­fü­gen nun erst­mals mehr als 40 % der Acht­kläss­ler:in­nen nur über sehr ge­rin­ge Fä­hig­kei­ten im kom­pe­ten­ten und re­flek­tier­ten Um­gang mit di­gi­ta­len Me­di­en und In­for­ma­tio­nen. Au­ßer­dem ist er­kenn­bar, dass das Kom­pe­tenz­ni­veau von der Schul­form ab­hängt. Dem­nach ist der Kom­pe­tenz­stand am Gym­na­si­um im Be­reich der in­ter­na­tio­na­len Spit­zen­grup­pe, wäh­rend er an nicht gym­na­sia­len Schul­for­men im Mit­tel un­ter­durch­schnitt­lich ist.

„Da­mit lässt sich für ei­nen er­heb­li­chen An­teil der Schü­ler:in­nen in Deutsch­land an­neh­men, dass eine er­folg­rei­che ge­sell­schaft­li­che Teil­ha­be – in der Schu­le, im All­tag und spä­ter im Be­ruf – in ei­ner zu­neh­mend di­gi­tal ge­präg­ten Le­bens­welt als sehr her­aus­for­dernd er­scheint“, lau­tet eine Schluss­fol­ge­rung im ICILS Über­blick.

Schü­ler:in­nen se­hen die Schu­le in der Ver­ant­wor­tung

Die Stu­die macht auch die Per­spek­ti­ve der Schü­ler:in­nen sicht­bar, in­dem sie sie zu ih­ren Er­fah­run­gen in der Nut­zung di­gi­ta­ler Me­di­en be­fragt. Dem­nach se­hen die Schü­ler:in­nen zu mehr als 90 % Schu­len in der Ver­ant­wor­tung, ih­nen das Ler­nen mit di­gi­ta­len Me­di­en zu er­mög­li­chen. Au­ßer­dem stim­men drei Vier­tel der be­frag­ten Acht­kläss­ler:in­nen zu, dass di­gi­ta­le Me­di­en wert­voll für die Ge­sell­schaft sei­en und 84 % sind der Mei­nung, der tech­no­lo­gi­sche Fort­schritt ver­bes­se­re in der Re­gel die Le­bens­be­din­gun­gen der Men­schen. Der­weil hät­ten aber nur ein Vier­tel von ih­nen di­gi­ta­le Me­di­en für schu­li­sches Ler­nen täg­lich im Ein­satz. Der in­ter­na­tio­na­le Mit­tel­wert für die täg­li­che Nut­zung von di­gi­ta­len Me­di­en im Un­ter­richt liegt bei 33,2 %. In er­folg­rei­chen Bil­dungs­län­dern wie Schwe­den al­ler­dings bei 82,8 %.

Lehr­kräf­te sind hoch en­ga­giert

Den­noch, die Er­geb­nis­se der ICILS 2023 wei­sen auch auf ein ho­hes En­ga­ge­ment der Lehr­kräf­te so­wie eine deut­li­che di­gi­ta­li­sie­rungs­be­zo­ge­ne Ent­wick­lung der letz­ten Jah­re hin. Fast 70 % der Lehr­kräf­te ge­ben an, di­gi­ta­le Me­di­en in ih­ren Un­ter­richts­all­tag min­des­tens ein­mal am Tag zu in­te­grie­ren. Au­ßer­dem gäbe es eine um­fäng­li­che Fort- und Wei­ter­bil­dungs­ak­ti­vi­tät der Lehr­kräf­te für die Nut­zung di­gi­ta­ler Me­di­en. Im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich be­stehen noch Ent­wick­lungs­be­dar­fe in der Lehr­kräf­teaus­bil­dung, in der im Mit­tel nur etwa ein Drit­tel der Lehr­kräf­te An­sät­ze zur Nut­zung di­gi­ta­ler Me­di­en als Be­stand­teil ih­rer Aus­bil­dung er­fah­ren ha­ben.

„Wei­ter­hin gibt we­ni­ger als ein Vier­tel (je­weils 22,4 %) der Lehr­kräf­te in Deutsch­land an, dass der Um­gang mit so­zia­len Pro­ble­men, die Schü­ler*in­nen bei der Nut­zung di­gi­ta­ler Me­di­en zur Ko­ope­ra­ti­on mit an­de­ren er­le­ben (z.B. Cy­ber­mob­bing) und die Nut­zung di­gi­ta­ler Me­di­en zur Ko­ope­ra­ti­on mit an­de­ren Lehr­kräf­ten zur Un­ter­stüt­zung des Leh­rens und Ler­nens mit di­gi­ta­len Me­di­en Be­stand­tei­le ih­rer Lehr­kräf­teaus­bil­dung dar­stel­len.“

Die Aus­stat­tung hat sich ver­bes­sert

Be­zo­gen auf die tech­no­lo­gi­schen Rah­men­be­din­gun­gen zei­gen sich sicht­ba­re Er­fol­ge an deut­schen Schu­len. Die ver­schie­de­nen Aus­stat­tungs- und För­der­pro­gram­me ha­ben hier Wir­kung er­zielt. Gleich­zei­tig sind die Ent­wick­lungs­po­ten­zia­le, vor al­lem in Hin­blick auf in­no­va­ti­ve di­gi­ta­le An­wen­dun­gen und die Mo­der­ni­sie­rung der IT-Aus­stat­tung so­wie Chan­cen­gleich­heit nach wie vor vor­han­den.

Die Ver­fas­ser:in­nen der Stu­die emp­feh­len ab­schlie­ßend mög­li­che Ent­wick­lungs­per­spek­ti­ven für Deutsch­land. Dar­un­ter ist die sys­te­mi­sche För­de­rung di­gi­ta­ler Kom­pe­ten­zen von Kin­dern und Ju­gend­li­chen, um sie zu ei­gen­ver­ant­wort­li­chem Han­deln zu be­fä­hi­gen. Au­ßer­dem sol­le sinn­stif­ten­des und zu­kunfts­ori­en­tier­tes Ler­nen er­mög­licht wer­den. Dazu ge­hört das Eta­blie­ren von Par­ti­zi­pa­ti­ons­mög­lich­kei­ten für die di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on der Schu­len. Lehr­kräf­te und Schul­lei­tun­gen müss­ten in ih­rem En­ga­ge­ment stär­ker und flä­chen­de­ckend un­ter­stützt wer­den.

Wir bei My­Ga­te­kee­per leis­ten dazu un­se­ren Bei­trag: Wir bie­ten um­fas­sen­de Schu­lungs­an­ge­bo­te für päd­ago­gi­sche Fach­kräf­te in der Me­di­en­bil­dung, in­no­va­ti­ve Work­shops zum Em­power­ment von Schü­ler:in­nen so­wie Be­ra­tung bei der di­gi­ta­len Trans­for­ma­ti­on für Schu­len an. Hier geht es zu un­se­ren Leis­tun­gen.

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